Maria Eichhorn Aktiengesellschaft

Die AG stellt die reinste Form einer Kapitalgesellschaft dar. Sie ist eine juristische Person mit einem in Aktien zerlegten Grundkapital, bei welcher den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet (§ 1 AktG). Kennzeichnend sind die beschränkte Haftung der Aktionäre, das feste Grundkapital, die körperschaftliche Organisation und die Unpersönlichkeit der Mitgliedschaft. Das Grundkapital der AG, dessen Nennbetrag bei Neugründungen mindestens 50000 Euro beträgt (§ 7 AktG), ist eine feste Ziffer, welche die Höhe des gebundenen Vermögens angibt.
(Wolfgang Hefermehl in: Aktiengesetz, GmbH-Gesetz)1

Die Aktiengesellschaft ist ein Produktions- und Handelsunternehmen. Sie gibt Aktien aus, um ihr Eigenkapital zu vermehren. Ihr Primärinteresse ist Profit.

Als Beitrag zur Documenta11 soll eine Aktiengesellschaft gegründet werden und auf unbestimmte Zeit fortbestehen. Innerhalb der Struktur der Aktiengesellschaft sollen deren Funktionsweisen angewandt, deren Eigenschaften aber umgeschrieben werden, das heißt es sollen andere als die in Kapitalgesellschaften üblicherweise praktizierten Formen und Inhalte entwickelt und etabliert werden.
Das Vermögen, das die Gesellschaft bei ihrer Gründung erhalten hat, bleibt unverändert. Es soll weder in die gesamtwirtschaftlichen Bahnen der Geldzirkulation und Kapitalakkumulation einfließen noch zur Mehrwertschöpfung verwendet werden. Sämtliche Aktien werden an die Gesellschaft selbst übertragen. Diese wird damit Inhaberin ihrer eigenen Aktien, und zwar aller Aktien.

Das Geld, das die Gesellschaft bei ihrer Gründung in Form der Einlagen erhalten hat, gehört dann zwar weiterhin der Gesellschaft. Aber die Gesellschaft gehört nicht mehr den Aktionären, weil diese ihre Aktien an die Gesellschaft übertragen haben. Die Gesellschaft gehört gleichsam sich selbst. Das heißt sie gehört letztlich niemandem mehr. Das Vermögen der Gesellschaft, ihr Geld, ist also nicht mehr auf die Aktionäre und überhaupt auf keine Person mehr bezogen. Der Eigentumsbegriff löst sich hier auf.
Zur Gründung einer Aktiengesellschaft formulieren eine oder mehrere Personen in einer notariellen Urkunde die Satzung der künftigen AG. In der Satzung werden die Gesellschaft, der Sitz und der Gegenstand des Unternehmens dargestellt. Die Gründer wählen die Mitglieder des Aufsichtsrats, der wiederum den Vorstand bestellt. Der Gründungsbericht gibt über den Verlauf der Gründung Aufschluss. Die Gesellschaft wird von den Gründern sowie den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern beim Gericht ihres Sitzes zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.

Entwicklung, Funktionsweisen, Struktur und Bedeutung der Aktiengesellschaft - Wie funktioniert die Aktiengesellschaft im Inneren, wie funktioniert sie in der Marktwirtschaft und im globalen Finanzmarkt? Welches wirtschafts- und sozialpolitische Machtinstrument stellt sie dar? Kapitalaufnahme, Kapitalmobilität - Mit der Entwicklung der Aktiengesellschaft und des Aktienmarktes wurden die Grenzen der Kapitalanhäufung privater Vermögen durch Zugang zu den Geldquellen der Gesamtgesellschaft überwunden2 und zugleich der Widerspruch zwischen dem Bedürfnis der kapitalistischen Produktion nach langfristigen Investitionen einerseits und ihrem Bedürfnis nach hoher Kapitalmobilität andererseits aufgehoben.

Börse - Die Aktiengesellschaft ist die einzige Rechtsform, die eine Eigenkapitalaufnahme über die Börse ermöglicht. Der Stadt Brügge wird die erste Börse zugeschrieben (1409), 1460 folgte Antwerpen. Die Kolonialisierung weiter Teile Asiens, Afrikas und Südamerikas spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung neuer Finanzmärkte. So gründeten die beiden großen Schifffahrtsgesellschaften East India Company in England (1600) und Vereenigde Oostindische Compagnie in den Niederlanden (1602) so genannte Wagnisgesellschaften und gaben Aktien aus. Das holländische Unternehmen ließ die Börse in Amsterdam auf lange Zeit zur wichtigsten Börse werden.

Konzernverantwortung - Die Handelsgeschichte ist eine Geschichte der Reduktion von Verantwortung und der Erweiterung rechtlicher Privilegien für Unternehmen. Die Einrichtung der Aktiengesellschaft forcierte diese Entwicklung. Mit der Eintragung in das Handelsregister wird die Aktiengesellschaft zur juristischen Person, mit der Folge, dass die Aktionäre von ihrer persönlichen Haftung entbunden sind. Nach dem Gesetz gilt die primäre Verantwortung einer Aktiengesellschaft also nicht den Beschäftigten oder Kunden, sondern den Aktionären, denn ihnen gehört die Gesellschaft.

Handel/Spekulation - Die Entwicklung eines Marktes, auf dem Eigentumsrechte und Ansprüche auf Mehrwert gehandelt werden, gibt dem Kapital die Möglichkeit, seinen Wert durch Handel auf diesem Markt zu steigern. Um immer höhere Profite zu erzielen, braucht das Finanzkapital immer spekulativere Unternehmungen, wie die extreme Kurssteigerung der Aktienmarktwerte in den achtziger Jahren und unter weiterer Beschleunigung Ende der neunziger Jahre gezeigt hat.

Gesetz - Das Gesetz wird erworben.3 Einen der nachhaltigsten Erfolge erzielte die Privatwirtschaft 1886, als der Supreme Court of the United States in Sachen Santa Clara County gegen Southern Pacific Railroad Company feststellte, dass eine private Gesellschaft eine Person im Rahmen der Verfassung der Vereinigten Staaten sei und deshalb das Recht auf den gesamten Schutz der Grundrechte habe.4 Aufgrund der finanziellen Möglichkeiten der Unternehmen, diese Rechte zu verteidigen und anzuwenden, bedeutete dies, dass sie freier und ungehinderter als irgendein Bürger agieren konnten. Seitdem werden die Vereinigten Staaten, mit Ausnahme der Zeit des New Deal unter Franklin D. Roosevelt, von einer Allianz aus Konzernen und Staat regiert.

Veröffentlichungsgebot, Mitbestimmung - Das Aktiengesetz wird ständig geändert und den jeweiligen Bedürfnissen der Kapitalgesellschaften angepasst. So will die amtierende rot-grüne deutsche Bundesregierung ein »Transparenz- und Publizitätsgesetz« verabschieden, das die schriftliche Mitteilung von Gegenanträgen an alle Aktionärinnen und Aktionäre abschaffen soll. Künftig sollen die Anträge und ihre Begründungen nur noch auf den Internet-Seiten der Aktiengesellschaften veröffentlicht werden. Die Anteilseigner müssten sich dann selbst um Einsicht in die Gegenanträge bemühen. Aktionäre ohne Internet-Zugang würden gänzlich von Informationen über Gegenanträge abgeschnitten.5

Selbstbestimmung - Aktiengesellschaften werden auch gegründet, um den Auswirkungen von Privatisierungen entgegenzutreten und sich unabhängig zu machen von der Willkür finanzstarker Konzerne. Die Genueser Hafenarbeiterorganisation Culmv (Compagnia Unica dei Lavoratori Merci Varie) gründete 1997 eine Aktiengesellschaft, um nach monatelangen Arbeitskämpfen weiterhin selbstbestimmt arbeiten zu können. Ein anderes Beispiel ist die Institutionsstruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems Ungarns: Zur Sicherung des öffentlich-rechtlichen Programms und zum Schutz seiner Unabhängigkeit wurden pro Sendeanstalt drei Stiftungen des öffentlichen Rechts und Einpersonen-Aktiengesellschaften gegründet. Die Kuratorien der Stiftungen sind gleichzeitig Verwaltungsorgane der jeweiligen Aktiengesellschaft. Die kommunistische italienische Tageszeitung II manifesto ist seit 1995 eine Aktiengesellschaft. Der linke schweizerische Rotpunktverlag wurde von einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, um mit Unterstützung ihrer Aktionäre und Aktionärinnen unabhängiger agieren zu können.

Frage nach dem Wertbegriff

Wertbegriff - Weil Geld als Wert zur Kapitalakkumulation verwendet wird, ist es unmöglich, bei einer Nichtanwendung dieses Wertgesetzes keinen Geldwertverlust zu erfahren. Geld verliert seinen Wert durch Nichtanwendung kapitalistischer Wertgesetze. Warum verliert Geld seinen Wert durch Nichtanwendung kapitalistischer Wertgesetze?

Geld, Ware - Der Geldwert spiegelt gesellschaftliche Verhältnisse wider, wie Arbeitslosigkeit, Inflation, Deflation.6 Wenn Geld nicht kapitalisiert wird, sinkt sein Wert. Geld umtauschen in wertakkumulative Ware affirmiert den kapitalistischen Status quo.

Kapitalgewinn durch Kapitalzerstörung (-auflösung) - »It’s to do with controlling the money, and the money not controlling us«, sagt Jimmy Cauty von der Band KLF (Kopyright Liberation Front).7 Im August 1994 verbrannten Bill Drummond und Jimmy Cauty eine Million Pfund. Der dabei entstandene Dokumentarfilm Watch the K Foundation Burn a Million Quid tourte ein Jahr später mehrere Monate durch England. Die Vorführungen in Anwesenheit von Drummond und Cauty provozierten sowohl Gewalttätigkeiten als auch große Langeweile angesichts des monotonen, über eine Stunde dauernden In-die-Flammen-Schaufelns von Banknoten.8

Wertakkumulation (-zuwachs, -steigerung)/Wertreduktion (-verlust) - Das Kunstwerk in seiner geld-wertakkumulativen Eigenschaft/reproduktiven Form. Wenn ein Werk erworben, zu Eigentum wird, kann es zu Kapital in Reproduktion werden. Sobald ein Werk erworben wurde, wird alles daran gesetzt, seinen Wert zu steigern. Wenn ein Werk nicht (materiell) besitzbar, ist, wird dann auch für eine Wertakkumulation gesorgt? Werden die Mechanismen und Strukturen des Wertzuwachses/Wertverlustes untersucht und veröffentlicht? Ist der ökonomische Wert eines Werkes mit seinen ästhetischen und kunsthistorischen Werten kongruent?9

Öffentlichkeit/Zugänglichkeit eines Werkes - Wodurch wird ein Werk öffentlich, zugänglich, aneigenbar? Wenn es an einem öffentlichen Ort ausgestellt wird, wenn es reproduziert wird, wenn darüber berichtet wird, wenn es diskutiert wird, wenn es in einen Kanon eingegangen ist? Wodurch gelangt ein Werk in welchen Kanon? Ist ein Werk in staatlichen Institutionen öffentlicher, zugänglicher? Wie funktionieren die Kapitalisierungs- und Rekapitalisierungsmechanismen des Kunstmarktes? Zeigen öffentliche Institutionen Werke aus dem Kunsthandel, aus Sammlungen und Institutionen, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder um sie zu kapitalisieren?10
Sind Werke privater Sammlungen weniger öffentlich als Werke staatlicher Sammlungen? In welchen graduellen Stufen des Öffentlichen und Nichtöffentlichen/Privaten formieren sich kulturelle Institutionen in kapitalistischen oder staatssozialistischen Gesellschaftssystemen?

Handelbarkeit/Nichthandelbarkeit, Besitzverhältnisse eines Werkes, Copyright
- Wird ein Werk sowohl in seiner Materialität als auch in seiner Immaterialität von der Idee des Eigentums gelöst, ist es auch nicht handelbar, haben die Mechanismen des Verwertungskreislaufes keinen Zugriff, keine Wirkung. Wie ist ein solches Werk beschaffen? Formen/Medien wie Vorträge, Texte, Statements, Haltungen, Erlebnisse, Ereignisse werden als Waren behandelt, es wird mit ihnen gehandelt, und nicht nur dann, wenn sie exklusiv zur Verfügung stehen. Welche Form muss ein Werk annehmen, um seine Handelbarkeit auszuschließen? Können Werke durch ihre Ortsgebundenheit, ihren ephemeren oder prozessualen Charakter, durch Anonymität der Autorin/des Autors oder durch kein Copyright ausschließen, handelbar zu sein?

Wissensbesitz - Unterlaufen nichtmaterielle Besitz- und Handelsgüter den gesetzlich manifestierten Eigentums-, Besitz- und Vermögensbegriff? Im deutschen Handelsgesetzbuch werden in § 266 zur Gliederung der Bilanz unter der Rubrik Anlagevermögen »Immaterielle Vermögensgegenstände« aufgezählt: »1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 2. Geschäfts- oder Firmenwert; 3. geleistete Anzahlungen«. Wissen und Kenntnisse kommen in der Bilanzierung der Kapitalgesellschaften noch nicht vor. Der Besitz an spezifischem Wissen oder bestimmten Informationen etabliert Machtverhältnisse. Machtverhältnisse werden dann aufgehoben, wenn der Besitz an Wissen verteilt, wenn Wissen und Information veröffentlicht werden.
Bedingungen der künstlerischen Theorie und Praxis, Aufheben der Bedingungen
- Welchen Bedingungen unterliegen künstlerische Arbeitsweisen? Was sind ihre Voraussetzungen? Warum, wie und wodurch werden Kunstproduktionen instrumentalisiert?
Wie und wodurch entziehen sich Produktionen kultureller, sozialer, politischer und wissenschaftlicher Felder einer ökonomischen und politischen Vereinnahmung?

 

1 Wolfgang Hefermehl, Einführung in: Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, Deutscher
Taschenbuch Verlag, München 332001, S. XI.

2 »Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie so lange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehen fertiggebracht.« (Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Bd. I, Verlag von Otto Meissner, Harnburg 1867, Neuausgabe nach der Ausgabe von Friedrich Engels, Harnburg 1890: Marx und Engels, Werke, Bd. XXIII, Dietz Verlag Berlin 1962, S. 656.)

3 Beispiel Atomenergie: Der deutsche Staat subventioniert die Atomindustrie mit über 2 Milliarden Euro jährlich. Nach jahrelangen Verhandlungen mit der Atomindustrie beschloss der deutsche Bundestag am 14. Dezember 2001 ein Gesetz zum Ausstieg aus der Atomindustrie. Die Opposition (CDU/CSU, FDP, PDS) kündigte an, das Gesetz bei einem Regierungswechsel rückgängig zu machen. Das Gesetz wird erworben. Die Gemeinde Schönau im Schwarzwald erwarb 1997 ihr Stromnetz, um eine eigene atomstromfreie Energieversorgung aufzubauen. Ursula und Michael Sladek hatten hierfür im Rahmen der Kampagne »Ich bin ein Störfall« über 2 Millionen DM gesammelt, um einen fehlenden Differenzbetrag beim Rückkauf des Netzes vom bisherigen Energieversorger auszugleichen. Ironischerweise erhielten sie von der Redaktion der Zeitschrift Capital dafür einen Sonderpreis als Öko-Manager.

4 » The defendant Corporations are persons within the intent of the clause in section 1 of the Fourteen Amendment to the Constitution of the United States, which forbids a State to deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the laws« (zit. nach »Santa Clara County v. Southern Pacific R.R.«, www.tourolaw.edu/patch/santal, aus der Entscheidung des Supreme Court of the United States von 1886).

5 Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre fordert die Beibehaltung der bestehenden Rechte von Minderheitsaktionärinnen und den vollen Zugang zu allen Informationen mit und ohne Internet-Zugang. Zusammen mit den Critical Shareholders of Europe united wollen sie Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten, umweltfreundliche Produkte und Klimaschutz fördern und die Sozialbindung des Eigentums durchsetzen. Sie kämpfen gegen das Diktat des Shareholder-Value, gegen Rüstungsproduktion, gegen Atomenergie und gegen umweltschädliche Geschäfte. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre organisiert die gemeinsamen Kampagnen seiner Mitgliedsorganisationen.
Außerdem ist er die zentrale Anlaufstelle für derzeit etwa 3000 Kleinaktionäre, die ihm die Stimmrechte ihrer Aktien übertragen haben, um auf diesem Wege eine soziale und ökologische Verantwortung wahrnehmen zu können.

6 »Genau wie am Geld haften am Recht (das im kapitalistischen System viele Gestalten wiederholt, die das Geld angenommen hat) keine ihm eigenen Werte, sondern nur jene, die soziale Konflikte und die Notwendigkeiten der Reproduktion einer kapitalistischen Gesellschaft, ihrer Arbeitsteilung und Ausbeutung tagtäglich hervorbringen« (Antonio Negri und Michael Hardt, Labor of Dionysus: A Critique of the State-Form, University of Minnesota Press, Minneapolis 1994, dt. Ausgabe: Die Arbeit des Dionysos. Materialistische Staatskritik in der Postmoderne, übers. von Thomas Atzert und Sabine Grimm, Edition ID-Archiv, Berlin und Amsterdam 1997, S. 11).

7 Die von KLF gegründete K Foundation verlieh 1993 einen Preis für den »schlechtesten Künstler Großbritanniens«. Rachel Whiteread erhielt diesen mit einem Preisgeld von 40000 Pfund doppelt so hoch wie der Turner Prize dotierten K. Foundation Award zeitgleich mit dem Turner Prize.

8 Diese Aktion erinnert an die Potlatschpraktiken archaischer Gesellschaften, bei denen Besitz verschenkt oder zerstört wurde. Potlatsch fungierte auch als soziales Regulativ gegen zu großen

Vermögensbesitz Einzelner. (Siehe hierzu Marcel Mauss, »Essai sur le don«, in: L’Annee sociologique, 2. Serie, Bd. I, Paris 1923/24, dt. Ausgabe: Die Gabe, Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, übers. von Eva Moldenhauer, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1968; ferner Georges Bataille, La Part maudite. Essai d’economie generale, Bd. I: La Consumation, Les Editions de Minuit, Paris 1949, dt. Ausgabe: »Der verfemte Teil«, übers. von Traugott König und Gerd Bergfleth, in: Die Aufhebung der ökonomie, erweiterte Ausgabe, Malthes & Seitz Verlag, München 2001, S. 93-110)

9 In den Interviews, die ich von 1997 bis 1999 zur Geschichte und Aktualität des Artists Reserved Rights Transfer and Sale Agreement von Seth Siegelaub und Robert Projansky führte, wurde immer wieder die Frage thematisiert, welche unterschiedlichen Werte ein Werk annehmen kann. Dazu Daniel Buren: »Lange bevor meine Arbeiten auf Auktionen kamen, war ich gegen Auktionen. Eine Auktion ist eines der hässlichsten Dinge in der Marktgeschichte eines Werkes. [...] Der Marktpreis wird durch Tricks und Machenschaften erhöht oder gesenkt, wie zum Beispiel in den achtziger Jahren, als bestimmte Werke, die heute nichts mehr wert sind, hohe Preis erzielten. [...] Besonders in den achtziger Jahren dachten viele Künstler, vor allem in Amerika, wir sind nicht an diesem Boom beteiligt, und sie glaubten, wenn du keinen Marktwert hast, hast du auch sonst keinen Wert. Das stimmt aber nicht, denn Dinge verändern sich schnell, und Marktwert hat nichts mit dem Wert an sich zu tun« (Zit. nach Maria Eichhorn, » The Artists Reserved Rights Transfer and Sale Agreement« von Bob Projansky und Seth Siegelaub, Salzburger Kunstverein 1998.) Adrian Piper führte aus: »I certainly do recognize the distinction between the meaning of the work and its art market value. In fact, I would make a further distinction, there’s the art market value, there’s the aesthetic value and then there's the meaning. So, I think it’s really a three-fold distinction. And I am very much aware and I fully acknowledge the arbitrary nature of the art market value. It depends on so many variables. For example, what I was saying before about the fact that it took my joining a blue chip gallery to get people to notice the aesthetic value of my work so that they could then attach to it an art market value and buy it.« (Adrian Piper im Gespräch mit der Autorin, 1998.)

10 Institutionen als Teil des Kunsthandels: Die Installation Seven Rooms von Richard Hamilton entstand für eine Ausstellung der Londoner Anthony d’Offay Gallery, für die Präsentation auf der documenta X wurde der Ausstellungsraum der Galerie identisch rekonstruiert. Wer sponserte hier wen? Sind öffentliche Institutionen von der finanziellen Unterstützung durch Kunsthandel, Sponsoren oder Privatsammlungen abhängig? Und sieht man den Ausstellungen diese Abhängigkeit an?





Literatur

Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 332001

Hannah Arendt, The Human Condition, University of Chicago Press 1958, dt.
Ausgabe: Vita activa oder Vom tätigen Leben, übers. von der Autorin,
W. Kohlhammer, Stuttgart 1960, und R. Piper & Co., München 1960

Nick Beams, »Globalisierung. Die sozialistische Perspektive«,
Vorlesungsreihe, auf: World Socialist Web Site. Ausgabe in deutscher Sprache,
www.wsws.org/de/

Tilman Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die AG,
Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2002

Victoria Chick, »Über Geld und Geldtheorien«, Erstveröffentlichung,
aus dem Englischen übers. von Klaus Schabacker, in: Prokla, Heft 123, 31. Jg., Nr. 2: Marx, Keynes und der globalisierte Kapitalismus, Münster 2001, S. 227-243

Egon Günther, »Die rote Stadt«, in. Jungle World, Bd. V, Nr. 30, Berlin 2001

Michael Hardt und Antonio Negri, Empire, Harvard University Press, Cambridge, Mass., und London 2000, dt. Ausgabe: Empire. Die neue Weltordnung, übers. von Thomas Atzert und Andreas Wirtensohn, Campus Verlag, Frankfurt am Main und New York 2002

Christian Marazzi, Fetisch Geld. Wirtschaft, Staat, Gesellschaft im monetaristischen Zeitalter, Rotpunktverlag, Zürich 1999

Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, 3 Bde., teilweise hrsg. von Friedrich Engels, Verlag von Otto Meissner, Hamburg 1867-1894, Neuausgabe nach der Ausgabe Engels von 1890-94: Marx und Engels, Werke, Bd. XXIII-XXV, Dietz Verlag Berlin 1962-64

Prokla, Heft 122,31. Jg., Nr. 1: New Economy - neuer Kapitalismus?,
Münster 2001

Vanessa Redak und Beat Weber, Börse, Rotbuch Verlag, Hamburg 2000

Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main,
durchgesehene Auflage 41973, wieder abgedruckt: ca ira, Freiburg 2001

Saskia Sassen, Cities in a World Economy, Pine Forge Press,
Thousand Oaks und London 1994,

dt. Ausgabe. Metropolen des Weltmarkts. Die neue Rolle der Global Cities, übers. von Bodo Schulze, Campus Verlag,
Frankfurt am Main und New York 1996.